USB-C Power Delivery – der neue Standard für die Stromversorgung
Nur ältere PC-Benutzer kennen sie noch: die parallele und die
serielle Schnittstelle. Am parallelen Port LPT wurde immer ein
komplettes Byte ausgegeben, gerade richtig für den »schnellen« Drucker. Am
seriellen Port tröpfelten die Bits nacheinander heraus, hier wurde die
langsame Maus und später das Modem angeschlossen.
Von Anbeginn waren
diese Schnittstellen die Tore des Computers zur Außenwelt, aber genormt
und standardisiert war nur die Hardware. Besonders in der
Industrie wurden über die serielle
Schnittstelle unzählige Geräte betrieben, hier mußte quasi
für jedes ein eigener Treiber mitgeliefert werden. Dazu kam die begrenzte
Datengeschwindigkeit und die Größe der Steckverbinder. Insgesamt eine
unbefriedigende Situation, die sich noch bis Windows 95 hinzog. Es war
Zeit für eine neue Schnittstelle
Die kam dann 1996 in Form des Universal Serial Bus oder kurz USB.
Das Ziel war, die unübersichtliche serielle und die technisch an
ihren Grenzen angelangte parallele Schnittstelle zu ersetzen. Der Anwender
sollte nur noch den USB-Stecker in die Buchse stecken, alles andere erledigte im Hintergrund das USB-Protokoll. Es gab zwei Stecker, Typ A für den Host (PC) und Tyb B für das externe Gerät. Das Protokoll war sehr komplex, es übernahm quasi alles,
was der Anwender früher in eigener Regie zu tun hatte. Fast noch mehr als die Datenübertragung war aber die Energieversorgung
über das Kabel das Revolutionäre an USB. Denn ab sofort war die
Zielelektronik nicht mehr auf externe Steckernetzteile o.ä. angewiesen, der
»Saft« kam direkt über das USB-Kabel. Dabei war das Ur-USB 1.0 noch sehr
genügsam, unmittelbar nach dem
Anstecken wurden vom PC nur 100mA zur Verfügung gestellt. Wenn der
Verbraucher mehr Strom brauchte, mußte dieser Wunsch an den PC
gemeldet werden, der stellte dann bis zu 500mA bereit. Im Laufe der Zeit
erhöhte sich die Datenrate von 12Mbps (1,5Mbyte/s)
auf 480Mbps (USB 2.0), dann auf 5Gbps (USB 3.0). Inzwischen sind 10Gbps (USB 3.1) und 20Gbps (USB 3.2) erreicht. Auf der
Stromversorgungsseite blieb es aber lange bei den 5V/0,5A, ziemlich wenig für
moderne Geräte. Der Hersteller Qualcomm führte deshalb 2013 für Handys, die mit
seinem Chipsatz SnapDragon ausgerüstet waren, den Standard Quick Charge
ein, bei dem die Spannung auf 12V und der Strom auf 2A erhöht werden
konnte. Diese proprietäre Technik mußte allerdings von anderen Herstellern
lizensiert werden, außerdem waren 24W zum Laden leistungshungriger
Geräte wie Laptops und Tablets schon wieder zu wenig.
Auch
die beiden Standard-USB-Stecker A und B waren mittlerweile von
einem Wildwuchs aus Mini, Micro und verschiedenen Varianten für das schnellere
USB3 umgeben, samt einer nicht mehr zu überschauenden Vielzahl an Adapterkabeln.
Damit war die Vereinheitlichung der Hardware, die USB einst hatte bringen
sollen, allmählich verloren gegangen. Nach 20 Jahren war es wieder
Zeit, den USB-Standard gründlich zu überarbeiten. Und das mit dem Ziel, nur
noch einen einzigen Stecker für alle Anwendungen einzusetzen. Ein weiterer
wichtiger Punkt war die Abkehr vom alten gepolten Stecker, der nur in einer
Position eingesteckt werden konnte. Der neue USB-Verbinder sollte symmetrisch
sein und in jeder Lage passen.
Der USB-C-Stecker
sollte die »eierlegende Wollmilchsau« sein, die all diesen Anforderungen
genügt. Er besteht aus zwei Reihen mit jeweils zwölf Kontakten, die symmetrisch belegt sind. Damit kann er in jeder Position eingesteckt werden. Ganz außen die vier Masse-Pins (blau), dazu vier Pins für die positive Spannung (rot). Ganz in der Mitte die schon vom Ur-USB bekannten massebezogenen Datenleitungen D+ und D-, die von vier massefreien Datenleitungen für die Highspeed-Übertragung ergänzt werden (grün). Über die beiden Signale CC1 (Cable Connect, gelb) verläuft die Kommunikation zwischen Source und Sink. Die »klassische« Datenübertragung ist aber nur noch ein Teil von USB-C, letztendlich sollen auch HDMI und der DisplayPort ersetzt werden.
Mindestens genauso wichtig ist die Stromversorgung. Hier ist es die neue
Technologie namens Power Delivery (PD), die den USB-C-Standard so
bemerkenswert macht. Sie ist nicht auf die proprietäre Technologie von Qualcomm
angewiesen und übertrifft mit 100W die Leistungsfähigkeit von Quick Charge bei
weitem.
Damit PD funktioniert, müssen sowohl das Netzteil (Source) als auch der Verbraucher (Sink) dafür ausgelegt sein. Ähnlich wie schon beim Ur-USB startet nach dem
Anstecken des Verbrauchers an das Netzteil
ein sog. »PD-Negotiation-Protokoll«, in dem ausgehandelt wird, welche
Strom/Spannungs-Kombination zur Verfügung gestellt wird.
Damit der Anwender
dieses aufwändige Protokoll nicht selber in einen
Mikrocontroller implementieren muß, hat die Firma STMicroelectronics
dankenswerterweise den Sink-Controller STUSB4500 entwickelt, der diese
Aufgabe übernimmt. Er läßt sich als »Front-End« in jeder Elektronik
verwenden, die Strom aus einem USB-C-Netzteil mit Power Delivery »saugen« will.
Die Standard-Spannungen sind 5V, 9V, 12V, 15V und 20V, der Strom wird
von der Leistungsfähigkeit des Netzteils bestimmt (max. 5A).
Zur Programmierung des STUSB4500 ist
ein kleiner Nucleo-Einplatinencomputer von STM erforderlich,
der per USB an den PC angeschlossen und über eine vieradrige Leitung mit
der Zielelektronik verbunden wird (Bild rechts).
Mit einem von STM bereitgestellten
PC-Programm kann dann der Chip programmiert werden. Der
STUSB4500 stellt drei Profile PDO1-PDO3 zur Verfügung, wobei PDO3
die höchste Priorität besitzt. PDO1 steht für Standard-USB und kann nicht
verändert werden. Hat man z.B. einen Verbraucher, der mit 15V/2A oder 12V/2,5A
funktioniert, können diese beiden Kombinationen als PDO3 und PDO2
eingegeben werden. Das USB-Netzteil versucht dann, zuerst die Kombination
von Level 3 zu bedienen. Kann es das nicht, wird Level 2 versucht
und wenn es das auch nicht kann, fällt es zurück auf Standard-USB mit
5V. Wird nur eine Spannung benötigt, weil der Verbraucher nur mit dieser funktioniert, ist das auch möglich. Standard-USB kann aber nicht »abgewählt« werden, das bleibt immer bestehen.
Damit alles funktioniert, muß man sich ein Netzteil aussuchen, das
den gewünschten Anforderungen entspricht. Welche
Strom/Spannungs-Kombinationen ein Netzteil liefern kann, ist meist auf dem
Gerät vermerkt.
Nach der Theorie die Praxis
Für die »tägliche Arbeit« werden die unterschiedlichsten Akkus gebraucht, z.B. die üblichen NiMH-Akkus der Größen AA und AAA, die Kamera-Akkus und die 12V-Akkupacks für den PQS-Verschluß. Für jeden Akku wird nicht nur das eigentliche Ladegerät gebraucht, sondern auch die dazugehörende Stromversorgung. Die 12V-Akkupacks brauchen z.B. ein
20V/30W-Netzteil, das 8fach-Ladegerät für die NiMH-Mignons benötigt ein 12V/2A-Steckernetzteil und das Ladegerät für die zwei Sony-Akkus wird von einem Standard-USB-Netzteil für 5V/2A angetrieben. Diese Netzteile sind groß und sperrig, was läge also näher, als sie durch ein USB-C-Netzgerät mit Power Delivery zu ersetzen?
Netzgeräte für PD gibt es viele, schlechter sieht es auf der Sink-Seite aus. Damit ein PD-Netzteil die gewünschte Spannungs/Strom-Kombination liefert, muß der Verbraucher mit dem o.g. STUSB4500 ausgestattet sein. STM liefert dafür ein winziges Demo-Board, das nicht viel größer ist als ein USB-Stecker sowie ein größeres Eval-Board für den STUSB4500. Eine komplette Platine gibt es von der amerikanischen Firma Sparkfun, die für alle PD-Spannungen und Ströme konfiguriert werden kann. Im Bild ist es eingebaut in ein kleines Plastikgehäuse zu sehen. Programmiert für 12V/2A wird es für das 8-fach NiMH-Ladegerät benutzt.
Programmiert für 20V/1,5A könnte es auch als Spannungsquelle für das Ladegerät für die 12V-Akkupacks verwendet werden. Für diesen Fall sollte aber das eigentliche Lademodul und die PD-Einheit auf einer Platine kombiniert werden. Beim Erstellen des Layouts fiel erstmals die Winzigkeit der USB-C-Buchse auf. Über diese filigranen Kontakte 100W zu leiten, ist schon eine sportliche Herausforderung. Nun ja, Hummeln können ja bekanntlich auch nicht fliegen.
Als Netzteil dient der Typ 75W DUAL USB-C PD von Satechi, der an USB-C #1 max. 20V/3A und an #2 15V/1,5A liefern kann. Das reicht für die gleichzeitige Ladung eines 12V-Akkupacks und von acht Mignon-Zellen. Außerdem besitzt es noch zwei QuickCharge-Buchsen Typ A, an denen 5V für »normale« USB-Verbraucher anliegen. Hier wird das Dual-Ladegerät für die Sony-Akkus angeschlossen. An einer der USB-C-Buchsen kann auch die Canon EOS M6II aufgeladen werden, man spart sich also ein extra PD-Ladegerät für die Kamera.
An der freien zweiten USB-A-Buchse wäre noch Platz für ein Handy o.ä.
Für den aktuellen PD-Standard V.2 ist schon der Nachfolger in Sicht. An den PD-Eckdaten 20V/5A ändert sich nichts, allerdings soll sich die Spannung in einer feineren Stufung einstellen lassen. Dazu noch einige Feinheiten im Protokoll. Ansonsten wird er abwärtskompatibel zum gegenwärtigen Standard sein.
Leider beginnt auch der USB-C-Standard schon gewisse »Auflösungserscheinungen« zu zeigen. USB-C heißt nicht zwingend Highspeed, mit einem einfachen Kabel wird nicht mehr erreicht als mit USB2. Das Kabel bestimmt auch die maximale Stromstärke. Bessere Kabel enthalten einen sog. E-Marker-Chip, der dem Netzteil sagt, daß das Kabel für 5A ausgelegt ist. Fehlt dieser Chip, können nur 3A übertragen werden. Für den vorliegenden Anwendungsfall wäre das zwar irrelevant, für höhere Ströme und höchste Datenraten muß aber das passende Kabel eingesetzt werden.
Und genügend Adapterkabel von allen nur denkbaren »alten« USB-Steckern auf USB-C gibt es auch schon. PD erfordert aber ein Kabel mit USB-C-Steckern an beiden Enden. Zumindest das ist ein Standard.