Slowenien 2008 – ein Paradies für Insekten
Es muß 1986 oder 87 gewesen sein, als ich zum ersten Mal in Slowenien war.
Oder besser gesagt, auf dem Weg an die Adriaküste durchgefahren bin.
Slowenien gehörte damals noch zum halb-sozialistischen Jugoslawien und
dementsprechend beschränkte sich mein Interesse auf eine möglichst zügige
Durchfahrt. Fünf Jahre später begann der verheerende Jugoslawienkrieg, der
mit dem Zerfall des Landes endete. Slowenien war noch relativ glimpflich
davongekommen, von den anderen Landesteilen konnte man das nicht
sagen. Die Plitvicer Seen in Kroatien, die ich 1983 zum ersten Mal besucht
hatte, waren 2002 wegen Minen- und Blindgängergefahr nur bedingt zugänglich und
manche Ortschaften im Umland waren großteils zerstört.
Es dauerte
dann bis 2005, als ich mich, angeregt von Berichten über das wilde
Karstgebirge und die dort vorkommenden Gottesanbeterinnen, ins Auto setzte
und ohne große Vorbereitungen hinfuhr. Lange wollte ich nicht bleiben,
eher nur einen Kurzeindruck bekommen.
Von München waren es knapp 400km über
die Tauernautobahn bis zum Grenzübergang, aber statt durch den neuen
Karawankentunnel zu fahren blieb ich auf der Landstraße, die hoch in die
Julischen Alpen führte. Auf der anderen Seite ging es entlang
der smaragdgrünen Soča wieder in flachere Regionen. Als Ziel hatte ich
die kleine Stadt Komen ausgemacht, die mitten in der Karstregion liegt. Da es
noch nicht sehr spät war, fuhr ich weiter in Richtung Italien und
nahm kurz vor dem kleinen Grenzübergang die Abzweigung in
Richtung Veliki Dol. An einer großen Waage, die vermutlich für die Olivenernte
benutzt wird, hielt ich an und holte die Kamera ‒ damals noch eine
Nikon F4 ‒ heraus.
Bis auf das Gezwitscher der Vögel herrschte absolute Ruhe,
kein Auto und keine Menschenseele. Dazu eine paradiesische
Umgebung mit kleinen Wäldchen und Streuobstwiesen, die durch
niedrige Mauern aus Natursteinen getrennt waren. Auf ihnen huschten
Eidechsen entlang, während sich auf den Wiesen unzählige Grashüpfer tummelten.
Man wußte gar nicht, wohin man zuerst schauen sollte. Diese Frage löste
sich aber sehr bald in Wohlgefallen auf, als am Himmel dunkle Wolken
aufzogen und es mächtig zu regnen begann. Im Autoradio vermeldete der
österreichische Rundfunk, daß dieses Regengebiet vermutlich ein paar
Tage bleiben würde. Also verzichtete ich auf die Suche nach
den Gottesanbeterinnen und einer Unterkunft und kehrte über Lipica (das mit den
Pferden) nach München zurück. Ein langer Tagesausflug, der aber nicht ganz
umsonst war.
Neuer Anlauf 2008
Nach zwei Einsatzjahren wurde die F4 an der stationären Kreuzlichtschranke durch eine kleine und leichtere D80 ersetzt. Kurze Zeit später war auch die portable Anlage fertig. Obwohl es im Umfeld von München noch gesunde Natur mit vielen Insekten gab, erschien zum Testen ein »Tapetenwechsel« reizvoll. Das Ziel sollte gut mit dem Auto erreichbar sein und über genügend Fotomotive verfügen. Hier drängte sich Slowenien geradezu auf. »Expeditionspartner« war Rudolf, ein Münchner Naturfotograf, der seit einem Jahr ebenfalls mit dem PQS-System arbeitete. Um flexibel zu sein, mieteten wir einen Caravan, luden ihn mit der Fotoausrüstung voll und starteten in Richtung Süden. Einen nicht unerheblichen Teil des Gepäckabteils nahm dabei Rudolfs zerlegbarer Flugtunnel ein, an dem er noch bis zum letzten Tag gefeilt hatte.
Da der Weg durch das Hochgebirge mit dem Wohnmobil nicht so optimal
wäre, nahmen wir die Autobahn nach Triest, die wir bei Aurisina verließen
und in Richtung Osten den Berg hinauffuhren. Auf einer
Serpentinenstraße ging es durch kleine Dörfer in Richtung
Slowenien, wo wir den Grenzübergang, den ich von der anderen Seite aus
gesehen hatte, zu finden hofften. Obwohl es keinerlei Wegweiser gab, war es
am Ende ganz einfach: Die Straße mündete direkt in den Übergang. Nach dem
EU-Beitritt Sloweniens war er verwaist und nur die beiden Abfertigungsgebäude
auf italienischer und slowenischer Seite kündeten noch vom ehemaligen Zweck. Mit
der Durchfahrt lag das hektische Italien hinter uns und wir
tauchten in die traumhafte Ruhe Sloweniens ein.
Wenig später hatten
wir das Ziel, die alte Ölwaage, erreicht und stellten das Auto in
einer kleinen Lichtung direkt daneben ab.
Es war später Nachmittag,
sonnig, trocken und heiß. Diesmal spielte das Wetter perfekt mit.
Seit dem ersten Aufenthalt hatte sich kaum etwas verändert. Auch diesmal war
kein Mensch zu sehen und mehr als ein, zwei Autos fuhren auch nicht vorbei. Auf
der Wiese mußte man aufpassen, um nicht auf eine der vielen Mantis-Nymphen
zu treten, die zwischen den Halmen herumkletterten. Auf Schritt und Tritt
sprangen Grashüpfer hoch, darunter Schnarrschrecken mit roten Flügeln und
Beinen, die beim Fliegen ein rasselndes Geräusch von sich gaben. Auf einer Wiese
voller Doldenblüten wimmelte es nur so von großen glänzenden Rosenkäfern. Der
nächste Tag versprach, erfolgreich zu werden.
Nur ein kleiner Teil des Insektenlebens
Ortsänderung
Nach drei Tagen am selben Fleck war es Zeit für eine Ortsänderung. Obwohl die
»mediterrane Ecke« Sloweniens fotografisch alle
Erwartungen übertroffen hatte, sollte das neue Ziel das Bergland
sein. Außerdem war der Wasservorrat durch das tägliche Duschen weitgehend
aufgebraucht, auch der Wohnraum-Akku war durch die Beleuchtung und das dauernde
Aufladen der Akkus für Kameras und Blitzgeräte ziemlich am Ende. An einer
Tankstelle bei Dutovlje nahmen wir Diesel und Frischwasser auf. Ohne
besonderes Ziel fuhren wir weiter und bogen nach einigen Dutzend
Kilometern kurzentschlossen in eine kleine Seitenstraße ein, die an einem
Berghang entlang führte. Allmählich wurde sie immer schmaler, so daß es mit
dem Caravan hier nicht weiterging. Das war aber auch gar nicht nötig, denn wir
waren genau da, wo wir hinwollten. Langgestreckte Bergwiesen voller Blumen
und unglaublich vielfältige und bunte Feldraine, was wollte man
mehr.
Wir fuhren ein paar hundert Meter zurück, wo sich die Straße an einem
alten Brunnen ein wenig weitete. Hier konnten wir den
Caravan abstellen, ohne daß andere Autos behindert worden wären. Aber
wir waren ohnehin die einzigen, die sich hierher verirrt hatten.
Der Platz
war ideal. Rechterhand ein kurzes Stück Wald, dahinter die Bergwiese, auf der
anderen Seite kleine Felder, Wiesen und hunderte Meter blühende Büsche entlang
der Straße.
Während ich die Gegend erkundete, baute Rudolf bereits seinen
Flugtunnel auf. Auf der Bergwiese warteten unzählige Schmetterlinge darauf,
endlich als Fotomodell arbeiten zu dürfen.
Aufbau des Flugtunnels
Die Schmetterlinge sollten von hinten durch den Tunnel nach vorn
ins Freie fliegen und dabei die Lichtschranke unterbrechen. Zwei
»Lichtkanonen« aus je drei Blitzgeräten sorgten für die Hauptbeleuchtung. Dazu
kamen weitere Blitze für das Gegenlicht und die Hintergrundaufhellung. Im
Vordergrund die D300s mit dem Zeiss Makro-Planar 4/120 PQS, das auf den
Unterbrechungspunkt fokussiert wurde.
Nachdem die Anlage fertig justiert
war, hieß es, die Fotomodelle in den Kescher zu überreden. Die
Schmetterlinge nahmen übrigens keinen Schaden, denn der Kescher war eher
ein fester Käfig mit Deckel. Der »gefüllte« Kescher wurde am Anfang
des Tunnels positioniert und geöffnet. Manche Schmetterlinge flogen sofort
durch die Lichtschranke, andere gingen lieber zu Fuß und kletterten unter der
Lichtschranke hindurch nach draußen. Was jedes Mal eine neue Aktion mit dem
Kescher erforderte. Am Ende artete es bei 30° im Schatten in echten
Leistungssport aus, die Bergwiese hinauf- und hinunter zu laufen. Weiter unten,
auf der anderen Seite der Straße, war es flacher, aber weiter entfernt.
Die Ergebnisse übertrafen alle Erwartungen
Dank der aufwendigen Beleuchtung mit bis zu zehn Blitzgeräten war das Licht
sehr weich und quasi nicht mehr vom »natürlichen« Sonnenlicht zu
unterscheiden. Die sorgsame Drapierung der Ausflugsöffnung mit Grashalmen
und Blumen tat das ihre, um den Schmetterlingen den gewünschten »Rahmen« zu
geben. Für den Hintergrund sorgten verschiedene Foto-Kartons mit entsprechenden
Motiven.
Obwohl die Ausbeute bei dieser Technik naturgemäß sehr
gering ist, waren die gelungenen Fotos umso beeindruckender. Hier drei
Fotos, für die alleine sich der Aufwand gelohnt
hatte.
Unglaubliche Vielfalt
Auf den blühenden Büschen und Sträuchern entlang der Straße tummelten sich unzählige Insekten und Spinnen, bei denen eine Begegnung nicht immer glimpflich ausging. Von der Roten Mordwanze, die sogar Menschen empfindlich stechen kann, bis zur harmlosen Schwebfliege war alles vertreten. Während der Fotograf sich im Schatten hinter dem Auto erholte, ließ er die Kamera automatisch fotografieren.
Die Feldraine – ein einzigartiges Biotop
Zu den bemerkenswertesten Landschaftsdetails gehörten die unglaublich artenreichen Feld-, Wald- und Wiesenraine. Nur in einer völlig gesunden Umwelt können sie sich entwickeln und damit die Basis für das überreiche Insektenleben bilden.
Zurück zum Ausgangspunkt - die Mantis wartet
Für die letzten zwei Tage fuhren wir zurück zur Ölwaage, denn ein
Fotoprojekt war noch offen: die Gottesanbeterin. Die Nymphen auf der Wiese
waren leider noch nicht flugfähig, aber vielleicht gab es ja schon ausgewachsene
Exemplare. Und tatsächlich fanden wir einige große Gottesanbeterinnen, die
unbeweglich an Gräsern saßen. Offensichtlich waren sie hier in dieser
warmen Ecke Sloweniens nicht selten, aber schwierig zu entdecken.
Während
Rudolf den Flugtunnel zum Startplatz für Gottesanbeterinnen umfunktionierte,
entdeckte ich einen blühenden Haselnußstrauch voller schwarzer Bienen. Was
aussah wie ein honigsammelndes Bienenvolk, waren hunderte solitäre Holzbienen.
Diese größte europäische Bienenart ist auch in Bayern nördlich der
Alpen keine Seltenheit und kommt noch in Sachsen vor. Als
wärmeliebende Art bevorzugt sie aber südlichere Länder.
...und das Ergebnis
Als Ansitzjäger, die stundenlang unbeweglich verharren, sind Gottesanbeterinnen nicht die geborenen Flieger. Deshalb bedurfte es viel Geduld, bis sie sich endlich zum Abflug entschlossen. Daß sie auch noch die Lichtschranke punktscharf passierten, ist reiner Zufall und vom Fotografen nicht zu beeinflussen.
Die Holzbiene, unsere größte Biene, war in Slowenien überall anzutreffen
Fazit
Slowenien wird nicht zu unrecht als das europäische Land mit der höchsten Biodiversität bezeichnet. Auf der relativ kleinen Fläche von 20000km², nur wenig größer als Sachsen, kommen alle europäischen Landschaftsformen vor – vom Hoch-, Mittel- und Karstgebirge mit seinen ausgedehnten Höhlensystemen bis bis hin zur Mittelmeerküste und tiefen Urwäldern im Süden, in denen noch hunderte Braunbären leben. Natürlich konnten wir nur einen winzigen Teil des Landes erkunden, aber die Ergebnisse sprachen für sich. Und für Slowenien.
Slowenien 2019 - Paradies mit Blessuren
Über zehn Jahre waren seitdem vergangen. Die Insektenpopulation in
Deutschland hatte stark gelitten und schrumpfte weiter rasant. So entstand der
Wunsch, noch einmal nach Slowenien zurückzukehren und zu schauen, wie sich das
Paradies entwickelt hatte.
Kurzentschlossen buchte ich einen Flug von Leipzig
nach Triest, mietete dort ein Auto und machte mich auf den Weg zum alten
Grenzübergang. Die Abfahrt Aurisina war nicht zu übersehen, ebenso der Weg den
Berg hinauf. Die Grenzhäuschen waren verschwunden und aus der ehemaligen Dorfstraße durch den Übergang
war eine neue Landstraße geworden.
Auf der slowenischen Seite
wieder die idyllische Ruhe, an die man sich erst »gewöhnen« mußte. Bis zur
Ölwaage waren es nur zehn Minuten, wo ich den Pkw auf dem alten Platz
daneben abstellte.
Auf dem ersten Blick sah alles genauso aus. Die Ölwaage hatte sich kaum verändert und selbst Rudolfs Versteck für den Flugtunnel zwischen ein paar Bäumen gab es noch. Trotzdem war etwas anders – es fehlten die unzähligen Insekten von damals. Natürlich gab es welche, aber keine einzige Gottesanbeterin, weder als Nymphe noch ausgewachsen. Auch kaum Heuschrecken, auf der Wiese nicht und auch nicht an der Ölwaage, wo sie beim ersten Besuch in Mengen vorkamen.
Am Wetter konnte es nicht liegen, es war exakt dieselbe Zeit wie elf Jahre vorher, Ende Juli, sonnig und trocken. Vielleicht war es noch etwas wärmer und es schien auch längere Zeit nicht geregnet zu haben. Aber Gottesanbeterinnen und Grashüpfer, die Wärme und Trockenheit nicht mögen, müssen erst noch erfunden werden. Auch von Holzbienen und Rosenkäfern war nichts zu sehen. Vielleicht nur Zufall, aber trotzdem eigenartig.
Also fuhr ich weiter bis Sežana, wo ich mir ein Hotel für eine Woche nahm. Auf dem Weg lagen einige schöne kleine Städtchen, für die sich ein Umweg lohnte.
Erste Erkundungen
Die Bergstraße mit dem Brunnen habe ich leider nicht wiedergefunden.
Offensichtlich hatte sich die Gegend mit dem Bau der Autobahn doch ein
wenig verändert. Aber Slowenien besteht fast nur aus Bergen, also sollte
auch irgendwo eine ähnliche Straße zu finden sein. Zum Beispiel
die Vremščica, eine Anhöhe im Karstgebirge, nicht weit vom Hotel. Was
unten aber noch einer Straße ähnelte, wandelte sich mit jedem Meter höher in
einen zerklüfteten Feldweg. Es gibt aber nichts, was ein Fiat 500L nicht
schafft, und so war ich bald ganz oben.
Sehr erfreulich sah es aber hier auch
nicht aus. Kaum Schmetterlinge, weil keine blühenden Wiesen. Am Rande eines
Weges ein kleiner »Hotspot« aus einigen Doldengewächsen. Hier gab es sogar
Rosenkäfer, wenn auch nur wenige. Aber es war der einzige Fleck weit und breit.
Später tauchten fast zeitgleich ein Bus mit einem Kamerateam des
slowenischen Fernsehens und eine riesige Schafherde auf. Die Fernsehleute
bauten ihre Technik auf und filmten die Schafherde ausgiebig.
Aber auch nach einigen Erkundungen auf dem Kammweg konnte man sagen,
daß es hier mehr Schafe als Insekten gab.
Am nächsten Tag setzte ich die Suche fort. Kurz vor Razdrto, einer Ortschaft am Fuße des Nanos, lagen einige bunte Wiesen. Aber auch hier trotz vieler Blütenpflanzen nur wenige Insekten. Also war es an der Zeit für etwas Tourismus.
Slowenien besitzt nur knapp 50km Mittelmeerküste, genug aber für einen großen
Hafen in Koper und einigen pittoresken Orten auf der Südseite des Golfes von
Triest. Der wohl schönste ist Piran, ganz am Ende einer Landzunge gelegen. Laut
Navi, Landkarte und Handy waren es von Sežana nur 40km und nicht zu verfehlen.
Jedenfalls, wenn man die neue Autobahn benutzte. Die wollte ich aber gerade
nicht nehmen, einmal wegen der Mautplakette, die es nur im Zehn-Tage-Pack gab,
und weil eine »normale« Straße einfach schöner ist. Der große Grenzübergang
nach Italien war nur einen Kilometer entfernt und schon kurze Zeit später
steckte ich im Straßengewirr von Triest. Irgendwie mußte ich wieder nach
Slowenien, das gleich hinter dem Bergrücken lag, aber das Navi war hoffnungslos
überfordert. Nach einigen Verirrungen hatte ich es geschafft und fuhr in einem
großen Bogen Richtung Koper. Dort dasselbe Spiel, das Navi wollte mich stets auf
die Autobahn locken. Aber irgendwann hatte ich Piran erreicht und stellte das
Auto im Parkhaus ab. Von dort war es noch ein längerer Fußweg, der an der alten
Stadtmauer vorbeiführte. Von hier hat man den besten Ausblick auf den Ort mit
seiner venezianischen Architektur. Genauso sehenswert die Kirche mit
dem Turm, die engen Gäßchen, der zentrale Platz und der kleine Hafen.
Auf der
Rückfahrt hatte es das Navi geschafft, ich war auf der Autobahn. Also blieb ich
da und fuhr ohne Mautplakette zurück nach Sežana.
Park Škocjanske jame
Nachdem wir 2008 schon die Höhle von Postojna besucht hatten, war es eine gute Gelegenheit, einer weiteren der riesigen Karsthöhlen einen Besuch abzustatten. Die Höhlen von Škocjan wurden vom Fluß Reka erschaffen, der hier in der Unterwelt verschwindet und erst kurz vor der Mündung in die Adria wieder auftaucht. Über mehrere Kilometer folgt man dem unterirdischen Fluß und passiert dabei gewaltige Hallen von über 100m Höhe. Im Falle von Hochwasser füllt sich dieser riesige Raum fast vollständig mit Wasser. Sehr interessant auch der alte Weg, der sich halsbrecherisch an der gegenüberliegenden Seite der Höhle entlangzieht. Insgesamt ein äußerst interessanter Vormittag, bei dem man sich von der sommerlichen Hitze erholen konnte. Leider ist Fotografieren in der Höhle verboten.
Irgendwo mußten die Insekten sein...
Nicht daß es gar keine gegeben hätte, aber so schnell wollte ich nicht
aufgeben. Also nahm ich mir einen ganzen Tag Zeit und fuhr nach
Osten Richtung Postojna. Unterwegs schöne blühende Wiesen, aber dennoch nur
wenige Insekten. Insgesamt nicht sehr ergiebig. Wie sich später herausstellte, war ich dabei bis auf einen Kilometer an die Bergstraße herangekommen, die ich gesucht hatte.
Auf der Rückfahrt noch etwas
Tourismus entlang der Reka, bevor sie im Untergrund
verschwindet.
Endlich Regen
Über Nacht hatte es heftig geregnet, der letzte Tag war kühl und feucht. Erst am späten Nachmittag ließ sich die Sonne wieder blicken. Die Wiesenraine blühten förmlich auf, aber bis auf einen Rosenkäfer hier und da war es kein Wetter für Insekten.
Slowenien 2022 ‒ eine Enttäuschung
Der letzte Aufenthalt vor drei Jahren war fotografisch gesehen ein wenig enttäuschend gewesen. War es nur Zufall oder doch ein Trend? Nachdem in diesem Sommer – nach zwei Jahren Corona-Irrsinn – wieder ein halbwegs normales Reisen möglich war, buchte ich kurzentschlossen einen Flug nach Triest, nahm mir dort einen Leihwagen und machte mich auf den Weg zum Grenzübergang. Allerdings war diesmal alles anders. Im Ort herrschte stehender Verkehr ohne Möglichkeit, die Autobahn nach Triest zu erreichen. Der Grund war ein riesiger schwarzer Rauchpilz über den Bergen, vor dem Hubschrauber flogen und Wasserbomben abwarfen. Massive Waldbrände im italienisch-slowenischen Grenzgebiet, womit auch der Grenzübergang bei Aurisina nicht mehr benutzbar war. So blieb mir nichts anderes übrig, als auf der permanent verstopften
Landstraße bis Triest zu fahren und dort auf der neuen Autobahn über die Grenze nach Slowenien. Ein Umweg von fast drei Stunden und dann noch einmal eine gute Stunde bis zur gebuchten Unterkunft im Raum Postojna.
Am nächsten Tag wurde es wieder sehr warm, was mich dazu bewog, die Bergstraße zu suchen, die ich während des zweiten Aufenthaltes nicht wiedergefunden, mittlerweile aber bei Google Earth wiederentdeckt hatte. Trotzdem dauerte es eine geraume Weile, bis ich sie schließlich auch in natura gefunden hatte – am Ausgang des Ortes Trnje, unterhalb des Gipfels Zveta Trojica. Nach ca. 5km war der ausgetrocknete Brunnen erreicht und ich stellte das Auto ab. Während damals ungefähr ein Pkw pro Tag vorbeigefahren war, tauchte diesmal schon nach wenigen Minuten ein hoch mit Baumstämmen beladener Holztransporter auf, der mit einer riesigen Staubwolke im Schlepptau vorbeiraste. Gar nicht auszudenken, dem ohne Ausweichmöglichkeit auf der schmalen Straße zu begegnen.
Aber anders als beim ersten Besuch erwies sich auch dieser einstige Hotspot als schwer mitgenommenes Paradies. Auf der Bergwiese, auf der es beim ersten Mal von großen Schmetterlingen nur so gewimmelt hatte, war kein einziger zu sehen. Es gab aber auch keine Blumen. Auch von den einstmals artenreichen Feldrainen war nicht viel zu sehen. Die meisten Insekten tummelten sich auf den schönen blauen Karst-Disteln, allerdings längst nicht so viele wie erhofft.
Am nächsten Tag unternahm ich einen Ausflug zum Palčje-See, der nördlich des gleichnamigen Dorfes liegt. Der See verschwindet allerdings im Sommer im Untergrund, deshalb war nichts von ihm zu sehen. Allerdings war ein wunderschöner Wald an seinem »Ufer« zu finden.
Von dort waren es nur ein paar Kilometer bis Juršče, einem Dorf hart am Rande des slowenischen »Outbacks«. Nach der holprigen Piste bis Palčje wandelte sich die Straße in eine nagelneue asphaltierte Piste, eine echte Überraschung. In Juršče
war aber endgültig Schluß, jedenfalls für einen Pkw ohne Allradantrieb.
Wegen der Hitze bot sich ein Besuch der Karsthöhle in Postojna an, im glücklicherweise klimatisierten Fiat 500 eine angenehme Fahrt von 20km. Da ich die Höhle schon kannte, beschränkte ich mich auf das Vivarium. Es liegt ebenfalls in einer Karsthöhle, und die hier herrschenden 10°C waren eine echte Erholung zu den draußen herrschenden 38°C im Schatten.
Die Rückfahrt zum Flughafen gestaltete sich ganz ähnlich wie die Herfahrt. Weil ich die Route über Triest vermeiden wollte, hielt ich mich nordwestlich in Richtung Nova Gorica, von dort sind es nur noch wenige Kilometer bis zum Flughafen Triest. In der Nacht hatte Regen die Hitzewelle vorerst vertrieben, es herrschte schönstes Wetter und die Straßen waren wie üblich frei. Aber ca. 10km vor der italienischen Grenze war Schluß mit Lustig. Die Straße war mit Dutzenden Feuerwehrfahrzeugen und schwerster Technik verstopft. Aber die Slowenen waren kooperativ und ließen die paar Zivilfahrzeuge nach kurzer Wartezeit passieren. Links und rechts von der Fahrbahn nur noch qualmende Stümpfe verbrannter Bäume, durch die Lüftung drang beißender Brandgeruch ins Auto. Das zog sich bis zum nächsten Grenzübergang hin. Auf der italienischen Seite waren die Straßen frei, alles noch einmal gut gegangen. Bis auf die Tatsache, daß mein Anschlußflug von Frankfurt nach Dresden gestrichen war. Aber man kann nicht alles haben.
Fazit
Die Rückkehr nach 11 Jahren war zwiespältig. Es gab sie noch, die bunten
Feldraine, aber die Insektenpracht war weitgehend verschwunden. Natürlich kann
man aus einer Woche keine endgültigen Schlüsse ziehen, vielleicht war es nur
Zufall und das nächste oder übernächste Jahr ist schon wieder
besser. So ganz mochte ich aber nicht daran glauben, deshalb unternahm ich eine kurzfristige Reise weitere drei Jahre später. Diesmal war es noch schlechter, das Insektensterben ist
offensichtlich auch in Slowenien angekommen. Die Frage ist,
warum? Insektenfeindliche Projekte für die »Klimarettung« wie
Windräder und Solarzellen, die hierzulande die wertvollen naturnahen
Flächen zerstören, habe ich nicht gesehen. Das
einzige Windrad vor dem Berg Nanos ist eher ein exotisches Fotomotiv. Die
kleinflächige Landwirtschaft scheint auch nicht auf den intensiven Einsatz von Ackergiften
angewiesen zu sein. Auch ist wegen der relativ geringen Einwohnerdichte von
ca. 100/km² (Deutschland 233/km²) die Flächenversiegelung viel
geringer.
Der letzte Besuch war aber nur noch enttäuschend. Wie die ersten beiden lag er im gleichen Zeitraum Ende Juli in der heißen Jahreszeit. Wobei beim dritten Besuch die Temperaturen bis auf extreme 38°C gestiegen sind. Die Vegetation war selbst in höheren Lagen vertrocknet und prasseldürr, sicher ein Grund für die Waldbrände.
Es könnte natürlich sein, daß der zweite und dritte Besuch keine Verschlechterungen gewesen waren, sondern der Normalfall, während der erste die Ausnahme war, ein Glücksfall. Um das herauszufinden, wäre ein vierter Besuch in der noch nicht ganz so heißen Jahreszeit denkbar, vielleicht Ende Mai/Anfang Juni. Vorerst eilt das aber nicht, ein guter Termin wäre irgendwann zwischen Affenpocken und Nilpferdpest. Falls es dann überhaupt noch Flugzeuge, Autos und Benzin gibt.